Anleger kauften im Dezember noch schnell Münzen und Barren

Gesetzesänderung senkt Bargeldobergrenze bei anonymen Käufen auf 2.000 Euro
Anleger kauften im Dezember noch schnell Münzen und Barren

Lange Schlangen an den Kassen sind im Weihnachtsgeschäft nichts Ungewöhnliches. Anders verhält es sich jedoch im Edelmetallhandel. Zwar wurden im Dezember auch hier Schmuck oder andere Geschenke gekauft, doch das Gros der Kunden bestand aus Anlegern. Sie wollten Münzen oder Barren aus Gold, Silber oder Platin anonym gegen Bares erwerben. So berichteten viele Edelmetall-Anbieter in ganz Deutschland von gut besuchten Geschäftsräumen, insbesondere während der letzten beiden Dezemberwochen.

Grund für den Run waren nicht etwa besondere Angebote der Händler, sondern eine Gesetzesänderung der Bundesregierung, die am 1. Januar 2020 in Kraft getreten ist. Es regelt den Erwerb von Edelmetallen und soll der Geldwäschebekämpfung in Europa dienen. Bereits 2017 war die bis dahin geltende Obergrenze von 15.000 Euro auf 10.000 für den anonymen Bargeldkauf von Gold oder Silber gesenkt worden. Die neue Bargeldobergrenze in Deutschland liegt nunmehr bei 2.000 Euro.

Damit schießt die Bundesregierung noch deutlich über das von der Europäischen Union in der 4. EU-Geldwäscherichtlinie geforderte Ziel hinaus. Die Maßnahme ist in Fachkreisen unter dem Begriff "Gold Plating" oder Überregulierung bekannt. Neben den für alle Mitgliedsstaaten der EU geltenden Richtlinien kann jedes Land weiterführende Beschlüsse erlassen, solange das festgelegte Limit nicht überschritten wird. So gilt in Frankreich eine Freigrenze von 1.000 Euro, in Spanien sind es 2.500 Euro und in Italien 3.000 Euro. Auch das Nicht-EU-Land Schweiz setzte die Anonymitätsgrenze herab. So können Kunden ab Januar 2020 Edelmetalle für maximal 15.000 CHF Bargeld einkaufen, was knapp 14.000 Euro entspricht. Bisher lag die Obergrenze im Nachbarland bei 25.000 Schweizer Franken.

Was bedeutet die neue Obergrenze von 2.000 Euro für Privatanleger?

Selbstverständlich können Sammler oder Anleger auch weiterhin Edelmetalle in unbegrenzten Mengen erwerben. Die neu definierte Obergrenze bezieht sich allein auf die anonyme Barzahlung. Bis zu einem Wert von 1.999 Euro kann jeder Interessent Münzen oder Barren im Ladengeschäft kaufen, ohne dass er sich ausweisen muss. Im bargeldlosen oder elektronischen Zahlungsverkehr gibt es hingegen keine Beschränkungen. Hierbei sind jedoch keine anonymen Käufe möglich.

Die gute Nachricht ist, dass die gängigen Bullionmünzen zu einer Feinunze Gold weiterhin an der Ladentheke ohne Ausweiskontrolle erworben werden können – wenn auch nur stückweise. Beliebte Anlagemünzen wie Krügerrand, Maple Leaf, Nugget Känguru oder Wiener Philharmoniker liegen weiterhin unterhalb der neuen gesetzlichen Obergrenze.

Was bedeutet die neue Anonymitäts-Obergrenze für den Handel?

Bei allen Beträgen, die einen Einkaufswert von 2.000 Euro überschreiten, sind die Edelmetallhändler ab sofort dazu verpflichtet, die Daten des Kunden zu erfassen. So muss der Ausweis nicht bloß eingesehen, sondern ebenfalls gescannt und für mindestens fünf Jahre archiviert werden. Dies bedeutet nicht nur einen Mehraufwand für die Händler, sondern unter Umständen auch die Anschaffung von geeigneten Erfassungsgeräten und Sicherheitsservern.

Darüber hinaus besteht für den Verkäufer die Pflicht der Abklärung, ob es sich beim Kauf um ein legales Anlegergeschäft handelt oder ob kriminelle Hintergründe im Spiel sein könnten. Bei einem Verdacht muss der Anbieter sofort die deutsche Zentralstelle für Finanztransaktions-Untersuchungen (Financial Intelligence Unit, FUI) informieren, andernfalls macht er sich strafbar und riskiert ein Bußgeld.

Branchenkenner glauben, dass sich viele Händler angesichts dieser komplexen Pflichten aus dem anonymen Tafelgeschäft zurückziehen werden. Zwangsläufig dürfte durch die neuen Vorgaben insbesondere weniger Gold an der Ladentheke verkauft werden. Gleichermaßen könnte die Verschärfung des Geldwäschegesetzes eine Kaufzunahme im kontrollierten Online-Handel bewirken.

Was verbirgt sich hinter "Gold Plating"?

In der Politik wird der Begriff "Gold Plating" immer dann genutzt, wenn eine Übererfüllung von EU-Richtlinien durch einzelne Mitgliedsstaaten besteht. Diese gehen in der Regel zulasten der Volkswirtschaften. Im Falle der neuen Bestimmungen aus dem Geldwäschegesetz unterschreiten Deutschland und viele andere europäische Länder die von der EU festgelegte, allgemeine Höchstgrenze von 10.000 Euro bei anonymen Barkäufen im Edelmetallsektor.

Hintergrund der EU-Richtlinie ist die Eindämmung von Terroranschlägen, Erschwerung von Geldwäsche und anderen kriminellen Machenschaften oder Geheimgeschäften, wie zum Beispiel das Datenleck rund um die Panama Papers. Das neue Geldwäschegesetz (GWG) muss auf nationaler Ebene bis zum 10. Januar 2020 umgesetzt werden.

Schwellenwert in Deutschland bald bei 1.000 Euro?

Im Beschluss vom 29.11.2019 zur Umsetzung der EU-Geldwäscherichtlinie empfiehlt der Bundesrat unter Punkt 2g, den Schwellenwert sogar auf 1.000 Euro zu senken. Er weist damit auf die (vermeintlich) hohe Geldwäscheanfälligkeit im Goldhandel bei Barzahlung hin. Folgt die Bundesregierung dieser Empfehlung, ist die Feinunze Gold zukünftig nicht mehr im anonymen Tafelgeschäft erhältlich. Sammler und Anleger müssten dann auf kleinere Stückelungen ausweichen.

Experten bezweifeln jedoch, dass das neue Gesetz tatsächlich den Kampf gegen Geldwäsche unterstützen kann, da diese im Edelmetallhandel eher einen Nebenschauplatz einnimmt. Dies belegen entsprechend ausgewertete Verdachtsmeldungen des Bundestages aus 2018.

Ist der anonyme Bargeldkauf von Feingold bald gar nicht mehr möglich?

Fazit: Die Anpassung der Freigrenze von 10.000 Euro auf 2.000 beim Barkauf bescherte dem Edelmetallhandel ein hohes Umsatzplus im Dezember. Viele Anleger nutzten letztmalig die Möglichkeit, größere Mengen an Münzen, Barren oder Münzbarren aus Gold, Palladium oder Silber ohne Ausweiskontrolle an der Ladentheke zu erwerben. Durch das Inkrafttreten des neuen Gesetzes mit erheblichem Mehraufwand wird das anonyme Tafelgeschäft für viele Händler zunehmend unattraktiv. Das gilt ebenfalls für private Anleger, denn unbescholtene Bürger müssen nun nachweisen, dass sie in keine kriminellen Aktivitäten verwickelt sind.