Die Rothschild & Söhne Raffinerie

Die Rothschild & Söhne Raffinerie

Wenn man von der Rothschild & Söhne Raffinerie spricht, spricht von einer der bekanntesten und geschichtsträchtigsten Raffinerien in der Geschichte des Edelmetallmarktes. Die Raffinerie, welche in England tätig war und unter der Handelslizenz der Royal Mint Refinery arbeitete, gab es von 1852 bis 1968. Wieso die Rothschilds gerade in England und unter anderem für die staatliche Münzprägung tätig waren ist ein historisch interessanter Fall.

Im Zuge der Industrialisierung erkannte man in Großbritannien, dass man mit den damals modernen Dampfmaschinen die Münzprägung, die zu jener Zeit noch im Tower of London stattfand, effizienter gestalten konnte. Allerdings gab es im Tower of London für solch große Maschinen schlicht zu wenig Platz und man überlegte sich neue mögliche Standorte. Desweiteren wurde im Jahr 1848 eine königliche Kommission gegründet, die sich um die Münzprägung und um die Edelmetallveredelung kümmern sollte. Man befand, dass man die Aufgabe an einen erfahrenen Außenstehenden übergeben sollte und stieß dabei auf Nathan Mayer Rothschild. Von ihm erhoffte man sich das nötige Know-How und die nötige Kompetenz. Immerhin gehörten den Rothschilds zu jener Zeit die weltgrößte Bank.

Rothschild fand die Aufgaben, die in der „Royal Mint“ – also in der königlichen Prägeanstalt auf ihn warteten, sehr spannend. Ihm ist auch der Namenszusatz „Refinery“ zu verdanken, welcher der Royal Mint mehr Gewicht verlieh. Rothschild gewann dadurch zwei wichtige Vorteile in nur einem Zug: Einerseits wollte er eine gewisse Anonymität wahren, also keine „Rothschild Refinery“ gründen, andererseits war ihm bewusst, dass er einen guten Markennamen benötigte, um sich im Edelmetallgeschäft etablieren zu können. Fortan sollte die Royal Mint Refinery vertragsgemäß festgelegte Mengen an Edelmetall, die ihr von der britischen Regierung gestellt wurden, veredeln.

Allerdings fungierte Nathan Mayer Rothschild nicht selbst als Manager, sondern setzte über Lionel de Rothschild den Geschäftspartner Michel Benoit Poisat als CEO ein. Zwar wussten die Rothschilds, dass dieser nur auf den eigenen Vorteil bedacht war, doch verfügte er über zwei wesentliche Vorzüge: Er verstand etwas von der Veredelung von Edelmetallen und zugleich etwas von effizienten Arbeitsmethoden, wodurch sich auch hohe Kapazitäten erreichen lassen.

Schnell steigerten die Rothschilds die Produktion der Royal Mint Refinery von anfänglich rund 40 Millionen Feinunzen auf über 330. Freilich spielte nicht nur das Know-how Poisats eine Rolle, der nur die Anfangsjahre das Unternehmen stellvertretend leitete, sondern auch neue Goldfunde in Australien, Kalifornien und Afrika Mitte des 19. Jahrhunderts. Anfang des 20. Jahrhunderts veredelte man bereits etwa 7 Millionen Feinunzen Gold. Die Royal Mint Refinery prägte zu jener Zeit nicht mehr nur ausschließlich Münzen, sondern stellte vornehmlich Goldbarren für private und für professionelle Investoren her.

Diese rosigen Zeiten sollten durch den ersten Weltkrieg hingegen jäh unterbrochen werden. Nach dem Krieg tat man sich in London schwer, die britische Hauptstadt wieder als Markt und Zentrum für Edelmetalle zur alten Größe zurückzuführen. Aus purer Notwendigkeit heraus, handelte die Bank of England mit den südafrikanischen Betrieben daher eine Vereinbarung aus, dass man angeliefertes Edelmetall in England veredeln und veredelt zurückschicken würde. Längerfristig sollte man in Südafrika jedoch eigene Raffinerien gründen, so dass die Menge an veredeltem Gold in der Rothschilder Raffinerie unter der Grenze von einer Million Feinunzen zurückblieb.

In der Zeit um den Zweiten Weltkrieg wollte man den Fehler, den man während des Ersten Weltkrieges gemacht hat, nicht mehr wiederholen und rechtzeitig auf die aktuelle Situation regieren. So strukturierten die Rothschilds das Produktportfolio der Royal Mint Refinery um und produzierten von nun an Spezialprodukte für die Rüstungsindustrie.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs sank der Bedarf an Goldbarren erheblich. Und erneut reagierten die Rothschilds sehr flexibel auf den Markt und integrierten nun auch andere Produkte in das Portfolio, wie zum Beispiel Kupferdrähte und dergleichen, die völlig außerhalb des Produktportfolios der ursprünglichen Royal Mint Refinery lagen.

Obgleich man mit diesen neuen Produkten Neuland betrat, konnte man auf der 1948 abgehaltenen British Industries Fair zahlreiche neue (Stamm-)kunden gewinnen und für das eigene Produkt begeistern. In den 1960er Jahren sollt es jedoch zu einem Ende der Royal Mint Refinery unter den Rothschilds kommen. Es wurden im Rahmen einer internen Evaluationen alle Unternehmenssparten neu bewertet und auf ihre Tauglichkeit für das gesamte Rothschildgeschäft hin geprüft. Diese internen Evaluationen führten bereits im Jahre 1961 zu einigen Verkäufen von speziellen Produktsparten an Nischenfirmen, die sich konkret auf diese Produktsparte konzentriert hatten. Zu diesen Unternehmen zählten unter anderem die Engelhard Industries Ltd. sowie Brush Clevite.

Die Mitarbeiter hatten in diesen Zeiten des Umbruchs die Möglichkeit, zum neuen Unternehmen zu wechseln, wenn dort Bedarf an weiteren Arbeitskräften herrschte oder direkt für die Rothschild Bank in London zu arbeiten. Im Jahre 1968 wurden die Werkshallen und Büros der Royal Mint Refinery endgültig geschlossen und ein großes Kapitel in der Geschichte der Edelmetallveredelung ging zu Ende.

Noch heute sind Goldbarren mit der Einprägung „Rothschild & Sons“ der Royal Mint im Umlauf und als Sammlerstücke teilweise hoch begehrt, so dass ihr tatsächlicher Wert den Materialwert übersteigen kann.

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